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Auszug

Als ich vor beinah 13 Jahren, noch an der Max-Wittmann Realschule, als Schulleiterin anfing, wurde ich sehr bald, ich glaube es war schon in der zweiten Woche, vom damaligen Verbandsbürgermeister, Herrn Ernst Becker, zu einem Gespräch eingeladen.

Nach kurzem Kennenlernen kam er sehr schnell zum Kern seines Anliegens.

„Frau Bauer, wissen Sie, mein Traum wäre eine Gesamtschule in Waldfischbach-Burgalben mit Abitur, was halten Sie davon?“ War er ein Prophet?

Damals, glaube ich, haben wir im Traume nicht daran gedacht.

Und vier Jahre später, im Sommer 2009 war es soweit.

Lassen Sie mich die dazwischen liegenden Jahre aussparen. Nur so viel sei gesagt und darf gesagt sein, sie waren geprägt von Überwindungen, auch von Ängsten und Unsicherheiten, von Zweifeln und vor allem von großen, wirklich großen Anstrengungen, von uns allen, bis heute.

Wer könnte euren Kennenlerntag, am 03. Juli 2009 vergessen.

Empfangen wurdet ihr wahrhaft mit Pauken und Trompeten, nein eher Getöse, ein heftiges Gewitter entlud sich. Ein zumindest lauter und unüberhörbarer, gleichsam fulminanter Einstieg in die nächsten, fast neun Jahre.

Das war euer Start in eine, zugegeben, äußerst ungewisse Zukunft.

Wir waren nun eine Gesamtschule und ich muss als Schulleiterin unumwunden eingestehen, so richtig wussten wir noch nicht, was das denn nun sei- die Schulstrukturreform erreichte doch mit äußerst rasantem Tempo die Rheinlandpfälzische Schullandschaft.

Doch wir gaben alle unser Bestes und arbeiteten uns schnell, mit großem Einsatz in die noch unbekannte Materie ein. Wir wollten es richtig machen, recherchierten akribisch und stellten so etliche ministeriale Anfragen, bis heute, wenn Unklarheiten auftauchten. Wir änderten, ergänzten, optimierten, um ein bestmögliches Ergebnis zu erzielen.

Nun wart ihr also da, die ersten Gesamtschulschüler. Nebenbei bemerkt, erledigt hat es sich in keinster Weise „nebenbei“, bestand zu diesem Zeitpunkt noch die Max-Wittmann-Realschule und die Hauptschule Waldfischbach-Burgalben, also drei Schulen unter einem Dach.

Wahrhaft eine große Aufgabe und Herausforderung.

Ihr wart, wie es sich gehört, putzmunter, gespannt und neugierig auf das Experiment „Gesamtschule“ und Begriffe wie Teamschule, Verbalbeurteilung, Grund- und Erweiterungskurse, Binnendifferenzierung, äußere Differenzierung schwirrten um eure und in unseren Köpfe.

So ist denn euer Motto zu verstehen, ihr habt euch als Versuchskaninchen gesehen, und es war ja auch so. Ihr wart eben die Ersten, das Labor noch nicht optimal eingerichtet und die Versuchsreihen noch unerprobt.

Interessante Anmerkungen haben sich für mich auch durch die individuellen Mottos der einzelnen Schülerinnen und Schüler in eurer Abiturzeitung ergeben, quasi euer Gesamtlaborbericht, der natürlich für uns von großer Bedeutung ist.

Ich bin mir sicher, dass ihr euch bei der Auswahl des Mottos den Begriff „Labor“ genau angeschaut habt. Er leitet sich vom lateinischen Wort „laborare“ ab, und bedeutet: arbeiten, sich abmühen, leiden“. Was könnte für eure Zeit im „Versuchslabor“ wohl treffender gewesen sein und die Situation signifikanter beschreiben.

Es begann zweifelsohne eine anstrengende, arbeitsintensive Zeit für euch und ich bin mir sicher, dass die neue Schulform, sprich das Versuchslabor, auch euch viel Geduld und einen langen Atem abverlangt hat.

Ich zitiere an dieser Stelle das Motto eines Abiturienten:

„C` est la vie“, vielleicht stammt es ja noch aus dieser Anfangszeit, Björn?

Passen würde vielleicht auch:

„Augen zu und durch“ oder, „Klappt schon irgendwie“, eigentlich eine gesunde Einstellung, Ida und Maurice.

Nun, ich denke, die ersten zwei Jahre waren doch sehr angenehm. Ihr wurdet ganz intensiv gehegt und gepflegt. Gleich zwei Klassenleiter und eine fürsorgliche Orientierungsleiterin, Frau Traxel, betreuten unsere Neulinge und verwandten viel Energie auf eure Vorbereitung für die kommenden Jahre.

Frau Preiser, Herr Werle - Frau Koschmann, Frau Broschard - Frau Winicker, Frau Lösch - Frau Schafnitzel und Frau Britz waren eure ersten Betreuer im Labor und seien exemplarisch genannt für alle weiteren Ausbilder und Unterstützer der kommenden Jahre.

Nach der entspannten Orientierungsphase wurde nun die Experimentierpalette ausgeweitet. Plötzlich wurdet ihr getrennt, das starke Band der Klassengemeinschaft aufgelöst, Ihr fandet euch in Englisch und Mathematik in Grund- und Erweiterungskursen wieder. Wohlgemerkt zu eurem Wohle; Forderung und Förderung heißen die wesentlichen Zutaten dieser Versuchsphase.

Als dann in der achten Klasse noch Deutsch und in 9 die Naturwissenschaften dazu kamen, wart ihr schon „gesamtschulerprobte Hasen“, das System war verinnerlicht, zahlreiche Qualitätskontrollen, Prüfungen und Messungen hattet ihr überstanden, die erste Hürde, sprich Versetzung nach 10 war geschafft und ihr setztet nun zum letzten Sprung an, der Übergang zur Oberstufe war in den Focus des Machbaren gerückt.

Und etliche schafften es, der erste Jahrgang trat 2015 in die Oberstufe der Daniel Theysohn Gesamtschule ein. Einige kamen von außen dazu und fügten sich problemlos in die Gemeinschaft ein und bereicherten das Schulleben. Ich muss sagen, das war für uns alle schon ein ganz besonderer Moment.

In dieser entscheidenden letzten Experimentierphase, stets hilfreich unterstützt von den Stammkursleiterinnen, Frau Winicker, Frau Dumont, später von Frau Port, konntet ihr nun endlich Selbstinitiative einsetzen. Ihr legtet nach Neigung und Fähigkeiten eure Leistungskurse fest, konntet entscheiden, ob eher klassisch oder frankophil die zweite Fremdsprache ausfallen sollte. Zugegeben es gab einige „Fehlgriffe“, die wurden im Leistungskursbereich noch geändert, hingegen einige „Lateiner“ doch bis zum Ende gladiatorengleich kämpfen mussten. Auch ihr Lehrer.

Ich erinnere mich an den einsam kämpfenden Historiker. Ich kann jetzt auch sein Motto besser verstehen: „Nur noch fünf Tage, dann ist Wochenende“. Justin hatte intensivste Einzelbetreuung und beim Einreichen der schriftlichen Abituraufgaben konnte man lesen der „Prüfling“. Ich glaube, dieser „Zweimannkurs“ ist auch dem Ministerium ein Begriff.

In der Schlussphase sollte dann die erweiterte Begriffsbestimmung des Wortes „Labor“ voll zum Tragen kommen: Auch in der Bedeutung zu gebrauchen „Personifikation der Arbeit“, es sollte also Ernst werden, um das gesteckte Ziel zu erreichen.

Wie wären sonst die Mottos Einiger zu verstehen:

„Ohne Fleiß kein Preis“, hatte Vanessa schnell erkannt, oder:

„Man muss Prioritäten setzen“, obwohl ich nicht weiß, welche Jonathan denn damit meinte … auf jeden Fall taucht im Zusatz des Zitates noch auf – Play Station – .

Letztlich jedoch zeigtet ihr, ihr hattet zu kämpfen gelernt und die vielen Versuchsreihen zu einem guten Ergebnis geführt, gleich dem Motto:

„Diamanten entstehen unter Druck“, Simon wusste wohl, wovon er redet.

So ist denn, dem Diamanten gleich, euch etwas sehr „Wertvolles“, für immer Bleibendes gelungen. Ihr verlasst die Daniel Theysohn Gesamtschule mit dem höchsten Bildungsabschluss, dem Abitur. Und für immer wird es sein, dass ihr die ersten wart.

Der Druck ist weg, der Diamant bleibt als Ergebnis von Dauer. Ich will es einmal so formulieren, vieles kann man im Leben verlieren, erworbene Bildung niemals.

Der erste Baustein, das Fundament ist gelegt. Dem Diamanten gleich besteht das Leben aus unzähligen Facetten. Das Fundament wird ausgebaut und euer Diamant noch häufig geschliffen werden, immer neue Facetten werden hinzukommen.

Bewahrt euch vor allem eure Individualität, „Agnesa hat es so ausgedrückt- focus on yourself“ - Bewahrt euch einen kritischen Geist, bekennt Farbe, wenn es erforderlich ist, verliert nie den Blick für die Mitmenschen und verwirklicht eure Träume.

Bleibt so, wie ihr uns in Erinnerung bleiben werdet:

Sympathische, freundliche, optimistische junge Menschen, mit ganz viel Lebenslust.

Unsere besten Wünsche begleiten euch für die Zukunft.

Alles Gute